»Ein Stück – ein Konzert III« Hans Werner Henze
„El Cimarrón“ handelt von dem auf Kuba entlaufenen Sklaven Estéban Montejo. Er wurde 1860 geboren und gab im Alter von 104 Jahren dem kubanischen Ethnologen und Schriftsteller Miguel Barnet ein umfangreiches Interview über sein Leben, u. a. vom Kampf gegen die Spanier, vom Eindringen der US-Amerikaner in das Land, von der Sklaverei und der Sklavenbefreiung, von der Einsamkeit. Hans Werner Henze lernte den 108-jährigen Esteban Montejo 1969 noch persönlich kennen.
„El Cimarrón“ gehört zu den bedeutendsten und gelungensten Exempeln für eine politisch engagierte Musik und schildert in eindringlicher Sprache die Zustände von Unterdrückung, Aufbegehren und Flucht. Dazu trägt zunächst der Inhalt des Werks bei. Es berichtet von den Erinnerungen des entlaufenen kubanischen Sklaven Esteban Montejo, die Miguel Barnet nach den Tonbandaufnahmen, auf denen Montejo seine Geschichte erzählt, niedergeschrieben hat. Auf der Basis dieses Buches formulierte Hans Magnus Enzensberger das Libretto für Hans Werner Henzes Komposition. Esteban Montejo wurde 1860 geboren, flieht aus der Sklaverei, schließt sich der Rebellion an, die sich für ihn aber nicht als Lebensverbesserung erweist. Er steht der neuen Freiheit kritisch gegenüber und kehrt aufs Land zu den Zuckerrohrfeldern zurück. Diese Geschichte wird vom Bariton rezitiert und gesungen. In ihr offenbart sich eine Dialektik von Unterdrückung und Freiheit, die Henze auch in die musikalische Struktur einbettet. Es gibt Elemente wie zum Beispiel Kettenrasseln, die die Erzählung des Sängers markant unterstreichen. Daneben stehen höchst artifiziell komponierte Musikpassagen für die ungewöhnliche Instrumentenkombination Flöte, Schlagzeug und Gitarre, die aber beinah genauso eingängig wirken und ebenso unmittelbar verstehbar scheinen wie die plakativ tonmalerischen Effekte. Denn Henze verzichtet im „Cimarrón“ auf einen lyrischen, expressiven Ton. Er setzt auf klangliche Schroffheit, auf eine gewisse Deutlichkeit des Tons. Darüber hinaus bietet die aleatorische Anlage der Komposition den Musikern große Gestaltungsfreiheit. Elemente von Improvisation tragen dazu bei, dass Henze der Gefahr entgeht, den komplexen politischen Gehalt des Stücks zu romantisieren oder gar zu verkitschen, im Gegenteil: Inhalt und Musik verschmelzen zu einer sich gegenseitig kommentierenden Einheit.
Das Ensemble New Babylon wurde 2012 unter der Schirmherrschaft des damals regierenden Bürgermeisters der Hansestadt Bremen, Jens Böhrnsen, ins Leben gerufen, mit dem Ziel, in Bremen die Neue Musik wieder im Kulturgeschehen zu etablieren. Mittlerweile wurden über 50 Weltpremieren seit der Gründung aufgeführt. Es trägt seinen Namen aus der Idee heraus, mit Musik Menschen verschiedensten Hintergrunds zusammenzuführen und gemeinsam das Schöne im Ungewohnten und Neuen zu entdecken. Es ist ein festes Anliegen des international besetzten Ensembles, durch die emotionale Kraft der Musik für mehr Toleranz und Verständnis gegenüber dem „Anderen” zu sorgen.
Es soll ein Beispiel für das friedliche, freundschaftliche und gleichzeitig erfolgreiche Zusammenwirken von völlig unterschiedlichen Menschen sein, egal welch politischer und kultureller Hintergrund in ihren Ländern herrscht.
Fester Bestandteil der Konzerte des Ensembles ist das Nutzen von ungewöhnlichen Spielorten mit bestimmter Thematik. So erhielt das Ensemble bereits mehrfach Förderpreise des Deutschen Musikrates: Für ein Cross-Over-Projekt mit der Funkband Watson’s Mother inklusive eines Auftritts auf der Breminale 2013, für die 48 h nonstop Performance „The show must go on“ 2016 im Theater Bremen, die heutige Selbstdarstellungsmittel wie Facebook, WhatsApp und Blogs reflektierte und für die Musik-Tanz-Performance „ResonanzKörper“ 2017 in Koproduktion mit dem TanzKollektivBremen.
Das Ensemble New Babylon beschäftigt sich seit seiner Gründung 2012 mit zwei elementaren Dingen: Zum einen ist es die Aufführung von zeitgenössischer Musik in möglichst vielseitigen und anspruchsvollen Konzepten, zum anderen durch Musik für mehr Toleranz gegenüber dem Unbekannten, dem Fremden zu sorgen. Darunter fällt auch der kulturelle, friedfertige Austausch mit anderen Nationen, den das international besetzte Ensemble von Beginn an zu seinem Erkennungsmerkmal gemacht hat. So gab es zahlreiche Konzertprogramme und Tourneen mit dem Schwerpunkt Griechenland (2014), Polen (2015), Israel (2016), Argentinien/Chile (2017), Island (2018) und Südkorea (2019). Bisher spielte das Ensemble zwei CD-Produktionen ein. 2015 die CD „9“ beim Label STARFISH MUSIC mit Kompositionen von 9 Bremer Komponist*innen und 2017 eine Portrait-CD des spanischen Komponisten Benet Casablancas beim Label NAXOS.
In Bremen bespielt New Babylon nahezu alle Säle des öffentlichen Raums: Weserburg, Kunsthalle, Sendesaal, Dom, Kulturkirche St. Stephanie, Schwankhalle, Shakespeare Company, Theater Bremen, Hochschule für Künste und viele weitere kleinere Spielstätten. In Berlin trat das Ensemble u. a. in der Villa Elisabeth und der Kulturbrauerei auf, in Hannover im Sprengel Museum und in Hamburg in der Laeiszhalle, der Freien Akademie der Künste, der Alfred Schnittke Akademie International und der Elbphilharmonie.
Seit dem Jahr 2018 erhält das Ensemble New Babylon bis zum Jahr 2020 eine dreijährige Konzeptförderung der Freien Hansestadt Bremen.
Eine Veranstaltung des Ensemble New Babylon
Gefördert von:
– Musikfonds e. V. mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
– Ernst von Siemens Musikstiftung
– Senator für Kultur
– klangpol – Netzwerk Neue Musik Nordwest
– Waldemar Koch Stiftung
– Sparkasse Bremen