Wir trauern um Matthias Kaul.
Matthias Kaul war ein Entdecker von Klängen, der gern die vorgezeichneten Wege verließ. Als kompositorischer Autodidakt war er frei vom Ballast akademischer Schulen und ästhetischer Dogmen der Neuen Musik. Seine Werke hatten stets etwas Schräges, Querstehendes, das sich jeder Einordnung in Schubläden verweigerte. Mit Experimentierfreude und einem entspannten hintergründigen Witz erforschte er die Dinge in seiner Umgebung und untersuchte sie auf ihr klangliches Potential. Er baute dabei nicht nur eigene und oft sehr skurrile Instrumente, sondern brachte auch banale Alltagsgegenstände zum Klingen. Die Sterilität gepflegter Kunstmusik war ihm fremd. Es ging ihm nie darum, die Klänge zu beherrschen, sondern sie im Gegenteil zu befreien, indem er die unscheinbaren und unsauberen Dinge mit anarchischer Lust auf ihre Möglichkeiten im wahrsten Sinne des Wortes »abklopfte«.
In den vergangenen vier Jahren hat Matthias Kaul als künstlerischer Leiter nicht nur den Programmen des Musik 21 Festivals ihr unverkennbares Gesicht verliehen; mit seiner unverwechselbaren Art hat er auch uns alle bei Musik 21 Niedersachsen geprägt, die wir das Glück hatten mit ihm zusammenarbeiten. Immer wieder gab er uns die Möglichkeit die Welt durch seine Augen zu sehen und sie mit seinen Ohren zu hören. Er hat uns mitgenommen auf seine Entdeckungsreisen und uns teilhaben lassen an seinem unendlichen Erfindungsreichtum. Die Energie, Offenheit und Wärme, die Matthias Kaul allen gesundheitlichen Beschwerden zum Trotz bis zuletzt ausgestrahlt hat, werden wir unendlich vermissen.
Matthias Kaul verstarb am 1. Juli 2020 im Alter von 71 Jahren. Wir trauern um einen liebenswerten Menschen, Freund und einzigartigen Künstler.